Alanya3Nun hatten wir zwei Wochen ganz besonderen Besuch an unserer Schule.
Zwei Kolleginnen aus Alanya, die intensiv am Schulaufbau einer noch kleinen Waldorfinitiative tätig sind und Klassenlehrerinnen der zweiten und dritten Klasse waren an unserer Schule und haben zum ersten Mal die Möglichkeit gehabt, eine bestehende Waldorfschule zu erleben.
Vor einigen Jahren machte ich die Bekanntschaft mit dem Gründungsvater der Waldorfinitiative Alanya, Orhan Demirtas. Er war händeringend auf der Suche nach türkischstämmigen Waldorflehrern, die ihn vielleicht bei seiner Idee, eine Waldorfschule auch in der Türkei zu gründen zu unterstützen. Nach langer, intensiver Suche hatte er meine Kontaktdaten herausgefunden und sich bei mir gemeldet. Wir trafen uns und ich war begeistert von der Idee, dass sich Menschen in der Türkei gefunden hatten, die eine Waldorfschule gründen wollten und war bereit beratend diese Initiative zu unterstützen.
Nachdem einige Seminare über die Grundlagen der Waldorfpädagogik in Alanya stattgefunden hatten, stellte sich heraus, dass es nötig war, dass erfahrene WaldorflehrerInnen die Kolleginnen direkt vor Ort in Alanya unterstützen. So wurde ich nach Alanya eingeladen, um mit den Kolleginnen vor Ort zu arbeiten.
Sehr herzlich wurde ich empfangen und schon am nächsten Tag hatte ich die Möglichkeit, die Kolleginnen und die Schüler kennen zu lernen.
Da die Waldorfinitiative noch kein eigenes Schulgebäude gefunden hatte, hatte sich die Initiative mit zwei Klassenräumen in einer Privatschule eingemietet. Vom Schulgebäude aus, konnte man direkt auf das Mittelmeer und zur anderen Seite auf die noch schneebedeckten Berge schauen. Direkt an der historischen Burg von Alanya befindet sich die Privatschule Öhep mit ihrer Unter-, Mittel- und Oberstufe. In dieser großen schon lange bestehenden Privatschule, befanden sich nun auch die beiden kleinen Klassenräume der noch sehr frischen und zarten Waldorfinitiative mit ihren insgesamt 20 Schülern der ersten und zweiten Klasse. Die beiden Klassenräume waren sehr liebevoll eingerichtet, mit lasierten Wänden, einem Jahreszeitentisch, Bänken und Kissen. Sehr unterscheiden sich diese beiden Räume von den anderen Klassenräumen der Schule- zwei völlig verschiedene Welten treffen dort aufeinander.
Ich verbrachte sehr intensive Wochen mit den Kolleginnen, den Eltern und auch den Schülern. Mit täglichen Unterrichtshospitationen von 8.00-16.00Uhr, den anschließenden Besprechungen mit den Kolleginnen, Elterninfotagen und -gesprächen sowie vielen organisatorischen Dingen, die eine Schulgründung betreffen, vergingen die drei Wochen sehr schnell. Mit großer Begeisterung und Tatkraft waren alle mit vollem Einsatz bereit, mit mir zu arbeiten. Bei den Eltern und auch bei den Kolleginnen konnte ich deutlich spüren, wie froh man war, dass ich als erste türkischstämmige und türkischsprechende Waldorflehrerin beratend zur Seite stand, denn die Seminare, die bereits in Alanya stattgefunden hatten, wurde von Christoph Doll (Dozent am Lehrerseminar in Berlin) mit einem Übersetzer veranstaltet. Nun hatten die Eltern und Kolleginnen die Möglichkeit, all ihre Fragen direkt zu stellen, ohne dass bei einer Übersetzung etwas verloren ging.Alanya2
Noch während dieser intensiven drei Wochen war klar, dass man sich wünschte, dass ich die pädagogische Beratung der Waldorfinitiative übernehme, um auch die Kolleginnen weiterhin zu betreuen und zu unterstützen. Mit wöchentlichen Skype Konferenzen stand ich in regelmäßigem Kontakt mit einigen Eltern und den Kolleginnen.
Vor den Osterferien stand dann mein nächster Besuch in Alanya an. Ebenso intensiv und arbeitsreich. So waren Eltern der Initiative sehr motiviert auf der Suche nach einem geeignetem Grundstück oder Schulgebäude, um ihrer Initiative auch den geeigneten Raum zu bieten. Jedoch gestaltete sich die Suche, bis heute nicht so einfach, da die Miet- und Kaufpreise in Alanya sehr hoch sind und die zwanzig Elternhäuser und ganz besonders der Gründungsvater Orhan Demirtas die finanziellen Mittel selber aufbringen müssen.
Auch wurde mir immer deutlicher, wie wichtig es für die Motivation und Vision der Kolleginnen ist einmal eine bestehende Waldorfschule sehen. So entstand die Idee von Mülheimer Seite eine Einladung auszusprechen.
Nun habe ich die beiden Kolleginnen Aysegül Gök und Mehtap Arkadas nach zwei Besuchswochen an unserer Waldorfschule Mülheim zum Flughafen nach Düsseldorf gefahren.
Voller Begeisterung, mit vielen Eindrücken und vielen Notizen für ihre eigene kleine „Waldorfschule“ sind sie nun wieder in Alanya und wollen mit gesteigerter Kraft und Motivation in Alanya das nächste Schuljahr beginnen.
Natürlich gäbe es noch viel mehr über meine Arbeit in Alanya und mit den Menschen dort zu berichten, jedoch hoffe ich, dass ich mit meinem kleinen Bericht unserer Schulgemeinschaft einen kleinen Einblick verschaffen konnte, denn einige Kinder werden von unserem Besuch Zuhause vielleicht etwas erzählt haben.
Alanya1Auf diesem Weg möchte ich mich bei allen meinen Kollegen/innen bedanken, die es möglich gemacht haben, dass Aysegül und Mehtap den Hauptunterricht aller Unter- und Mittelstufenklassen besuchen konnten und den Eurythmieunterricht von der Unterstufe bis zur Mittelstufe kennen lernen konnten. Ebenso möchte ich mich für die liebe Unterstützung in der Verwaltung bedanken, die es möglich gemacht hat, dass unsere Gäste nett empfangen wurden.
Auch einen herzlichen Dank an unsere Schüler, die neugierig und liebevoll den beiden Lehrerinnen begegnet sind.
 

E. R. Yapca

Klassenlehrerin 6Y und Mallehrerin der Oberstufe