Sport

Die Entwicklungsphasen des Kindes sind Grundlage und Maßstab für den Schulsport an Waldorfschulen. Der Blick ist weder auf die glitzernde Welt des Spitzensports noch auf die Erfordernisse des Breitensports gerichtet, sondern in erster Linie auf die Entwicklungsschritte des Kindes oder des Jugendlichen. Die Erst- und Zweitklässler treiben nicht gleich Sport, sondern werden durch spielerische Übungen in die Märchen- und Zauberwelt entführt und in Fang-, Tummel- und Reaktionsspiele eingeführt bei denen sie Bewegungsaufgaben erfüllen, die ihnen helfen, ihren Körper immer sicherer zu ergreifen, zu beherrschen und die andererseits das Sozialverhalten fördern. Erst in der 3. Klasse beginnt das eigentliche Turnen, wobei der Turnlehrer bestrebt ist, die Schüler auch dort in eine Phantasiewelt eintauchen zu lassen, damit sie mit ihrer Lebendigkeit und Freude die Turngeräte kennenlernen und mit Hilfe von Geschicklichkeitsübungen diese bewältigen können.

Der eigentliche Sportunterricht an der Waldorfschule entwickelt sich aus diesen Erfahrungen der unteren Klassen. Vom gemeinschaftlich Erlebten werden dann die Schüler zu Übungen hingeführt, die immer stärker die aufkeimende Ichbezogenheit aufgreifen und auf Mut, Entschlusskraft und Standfestigkeit hinarbeiten. In der Mittelstufe steht der Wettkampf im Mittelpunkt. Dabei ist nicht nur der Wettkampf mit den anderen gemeint, sondern auch der Kampf mit sich, das heißt mit der zunehmenden Schwere und der immer bewusster erlebten Mechanik der Knochen und Sehnen.

Inhalt und Grundlage des Unterrichtes sind zunächst rhythmisch-gymnastische Bewegungsaufgaben und auf der anderen Seite einfache Wurf- und Abschlagspiele. Ebenso stehen die Präzisierung und Erweiterung der Aufgabenstellungen im Turnen, der Leichtathletik und dem Schwimmen im Fokus.
Des Weiteren werden die motorischen Grundlagen für die großen Sportspiele (Basketball, Handball, Fußball, Hockey) angelegt. Die Aufgabe des Sportlehrers in der Oberstufe besteht darin, immer stärker aus dem Übungsbetrieb herauszutreten, den Schüler immer selbstständiger üben zu lassen und auch die Hilfs- und Sicherheitsstellungen den Schülern zu übergeben. In der Oberstufe sollten die Bewegungsimpulse aus der Mittelstufe in dem genannten Bereich zu einer gewissen Könnerschaft gebracht werden. Beispielsweise dem Erlernen komplexer Übungsverbindungen im Geräteturnen oder der Verbindung von technischen und taktischen Fähigkeiten in den Sportspielen. Zum Abschluss ab der 11. Klasse sollte auch die Auseinandersetzung mit sporttheoretischen Inhalten sein. Hierzu bieten sich schriftliche Arbeiten in Referatsform in Verbindung mit Unterrichtsdemonstrationen an.

Erwähnenswert ist, dass der Sportunterricht mit dem Eurythmieunterricht zusammen als Bewegungsfach in den Fächerkanon eingebunden ist, so dass ein künstlerisches Fach einen Ausgleich zum Sport schafft. Dieser Ausgleich ist für das leibliche und seelische Wohlbefinden der Kinder und Jugendlichen wichtig. Steiner formuliert dies im 13. Vortrag der »Allgemeinen Menschenkunde« folgendermaßen: „[…] je mehr wir abwechseln lassen das Turnen mit der Eurythmie, desto mehr rufen wir Einklang hervor zwischen dem Schlaf- und Wachbedürfnis; desto mehr erhalten wir von der Willensseite her […] das Leben […] des Kindes.“

Diue Schüler werden im Sportunterricht von der ersten Klasse bis zum Sportabschluss koedukativ in ihrem Klassenverband unterrichtet. Sie sind also gerade auch in der Zeit zusammen, in der die Jungen überschießenden Tatendrang und die Mädchen eine Tendenz zu einer gewissen Bewegungslethargie entwickeln. Dadurch können sie sich wohltuend beeinflussen. Sport in der Waldorfschule soll einen Bogen spannen von Gruppenspielen bis zu einem individualisierten Sportunterricht. Er kann in altersgemäßen Schritten den Jugendlichen Freude an der Leistung, Sicherheit in der Bewegung, Stärke im Willen und Wachheit für ein faires Handeln vermitteln.

Waldorfschule Mülheim-Ruhr

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